Wie Existenzsicherung und Wohnraumsanierung in Al-Qataniya Leben verändern
Der Wiederaufbau nach Völkermord und Konflikt bedeutet mehr als nur Mauerwerk – es geht um Würde, Sicherheit und neue Perspektiven. In Al-Qataniya, einem mehrheitlich jesidischen Unterbezirk von Ba’aj in der Provinz Ninawa, haben Nadia’s Initiative (NI) und das Entwicklungsprogramm der Vereinten Nationen (UNDP) mit finanzieller Unterstützung der japanischen Regierung einen wichtigen Schritt in diese Richtung unternommen.
Im Rahmen des integrierten Social-Cohesion-Programms von UNDP Irak hat dieses gezielte Projekt – mit dem Schwerpunkt auf Existenzsicherung und Wohnraumsanierung – Nadia’s Initiative dabei unterstützt, Rückkehrer und Rückkehrerinnen, insbesondere jesidische Überlebende des Völkermords von 2014, zu befähigen, ihr Leben wieder aufzubauen und ihre Zukunft zurückzugewinnen.
Eine Region, gezeichnet vom Konflikt
Wie weite Teile West-Ninawas war auch Al-Qataniya massiv von der Gewalt und Besatzung durch den IS betroffen. Zerstörte Häuser, zusammengebrochene Infrastruktur und massenhafte Vertreibungen ließen Tausende Familien ohne Perspektive zurück. Während viele Jesiden weiterhin in Lagern ausharren, kehren immer mehr zurück – mit dem Ziel, das zurückzugewinnen, was der IS ihnen nehmen wollte. Doch sie stehen vor enormen Herausforderungen: Arbeitslosigkeit, Ernährungsunsicherheit und fehlende Infrastruktur.
Um Bedürfnisse zu decken, starteten NI und UNDP ein Projekt, das die wirtschaftliche Wiedereingliederung, berufliche Qualifizierung und sichere Wohnlösungen für besonders gefährdete Rückkehrende unterstützt – darunter Haushalte mit alleinstehenden Frauen und Überlebende der IS-Gefangenschaft.
Wege in die Selbstständigkeit: Von Abhängigkeit zu Eigenständigkeit
Ein zentrales Element des Projekts war der Aufbau wirtschaftlicher Resilienz durch berufliche Qualifizierung und Unterstützung kleiner Unternehmen. Innerhalb von sechs Monaten erhielten 263 Personen – darunter 91 Landwirte und 172 Kleingewerbetreibende, viele von ihnen Frauen – finanzielle Hilfe und Schulungen von Nadia’s Initiative (NI), um ihre Familien nach schwersten Verlusten wieder versorgen zu können.
Für Amshe, eine 27-jährige Landwirtin, war das Projekt ein Wendepunkt:
„Erst letztes Jahr haben wir unser Land zum ersten Mal seit 2014 wieder bewirtschaftet“, erzählt sie. „Durch die Schulung und finanzielle Unterstützung von NI konnten wir ein neues Bewässerungssystem und hochwertiges Saatgut kaufen. Unser Hof ernährt jetzt nicht nur unsere Familie – wir beschäftigen sogar zwei weitere Familien.“
Die Wirkung geht über Einzelpersonen hinaus – sie stärkt ganze Gemeinschaften. Durch die Einführung klimaangepasster Landwirtschaftsmethoden trägt NI zur langfristigen Ernährungssicherheit und nachhaltigen Bewirtschaftung bei – ein entscheidender Beitrag in einer Region, die stark von Wüstenbildung und Ressourcenknappheit betroffen ist.
Auch andere fanden durch die Qualifizierungen von NI neue Wege in die Unabhängigkeit. Dunya, eine 23-jährige Friseurin, war erst 13, als der IS ihre Heimat angriff und sie die Schule abbrechen musste. „Nach unserer Rückkehr habe ich mir meinen Traum erfüllt und einen Friseursalon eröffnet“, berichtet sie. „Dank NI konnte ich meine Fähigkeiten erweitern und wichtige Ausstattung anschaffen. Die Vergangenheit lässt sich nicht ändern – aber wir können die Zukunft gestalten.“
Im Laufe des Projekts wurden rund 800 Mentoring-Besuche durchgeführt, bei denen die Teilnehmenden gezielte Beratung und konkrete Unterstützung beim Wiederaufbau ihrer Lebensgrundlagen erhielten.
Wiederaufbau von Wohnraum: Würde und Stabilität sichern
Neben der Unterstützung beim Lebensunterhalt hat das Projekt ein zentrales Problem für Rückkehrer*innen gelöst: den Mangel an sicherem Wohnraum. Viele fanden ihre Häuser zerstört oder unbewohnbar vor und mussten in Notunterkünften oder teuren Mietwohnungen leben. In Al-Adnaniya erhielten 12 Haushalte, die von Frauen geführt werden, Zuschüsse zur Sanierung ihrer Häuser – für ein sicheres und würdiges Zuhause.
Für Sara, eine 46-jährige Mutter, war diese Unterstützung lebensverändernd:
„Unser Haus war aus Lehm gebaut und nicht mehr bewohnbar“, erzählt sie. „Mein Sohn wurde während der IS-Besatzung ermordet. Ich lebte bei Verwandten in Sindschar und zahlte 100 Dollar Miete im Monat. Mit der Hilfe von NI konnten wir zwei Zimmer und eine kleine Küche bauen. Jetzt hoffe ich, dass mehr Familien nach Al-Adnaniya zurückkehren.“
Die Unterstützung wurde gezielt an kulturelle und ökologische Anforderungen angepasst: Die Bauweise wurde an das lokale Klima angepasst, und die Häuser wurden so gestaltet, dass sie auch für Ältere und Menschen mit Behinderung zugänglich sind. Ziel war eine langfristig stabile und inklusive Wohnlösung.
Warum dieses Projekt wichtig ist
Die Wirkung dieses Projekts lässt sich nicht allein in Zahlen messen. Es steht für ein klares Bekenntnis zu Gerechtigkeit, Würde und langfristigem Wiederaufbau. Jedes wiederaufgebaute Zuhause und jedes gegründete Kleinunternehmen ist ein Zeichen für die Widerstandskraft von Überlebenden und Rückkehrern. Doch der Bedarf bleibt hoch.
Nadia’s Initiative setzt sich weiterhin dafür ein, dass alle Rückkehrer – insbesondere jesidische Frauen und Überlebende sexualisierter Kriegsgewalt – die Mittel, Ressourcen und Unterstützung erhalten, die sie für einen Neuanfang brauchen. Es geht nicht nur um wirtschaftliche Stabilität, sondern darum, Hoffnung, Selbstbestimmung und Zugehörigkeit in zerstörte Gemeinschaften zurückzubringen.
Ein Aufruf zum Handeln
Als Unterstützer oder Unterstützerin von Nadia’s Initiative spielst du eine entscheidende Rolle auf diesem Weg. Ob durch Aufklärung, Spenden oder das Teilen dieser Geschichten – du hilfst dabei, die Stimmen der Überlebenden hörbar zu machen und den Einsatz für Gerechtigkeit und nachhaltige Erholung zu stärken. Gemeinsam können wir sicherstellen, dass niemand zurückgelassen wird.
Mehr über unsere Arbeit und Unterstützungsmöglichkeiten erfahren Sie unter Ways to Give.



