Prozess gegen belgisches IS-Mitglied wegen Völkermord an den Jesidinnen und Jesiden beginnt in Brüssel
Vom 6. bis 14. November 2025 findet am Assisenhof in Brüssel, dem höchsten belgischen Gericht mit Strafgerichtsbarkeit für schwerste Taten, der Prozess gegen den belgischen Staatsbürger Sammy Djedou statt. Er ist als Mitglied des sogenannten Islamischen Staates (IS) angeklagt, wo er das Pseudonym Abu Moussab al-Belgiki verwendete. Nadia's Initiative und ihre Mitarbeitenden leisten vor, während und nach dem Verfahren logistische Unterstützung vor Ort in Abstimmung mit den Ermittlern, der Staatsanwaltschaft und den Zeuginnen und Zeugen.
Einige der Zeuginnen, die in Brüssel aussagen, sind jesidische Frauen, die zwischen August 2014 und Dezember 2016 während ihrer Gefangenschaft im Haus des IS-Kämpfers Sammy Djedou sexualisierte, körperliche und psychische Gewalt erlitten haben. Die Anklageschrift stützt sich auf umfangreiche Beweise und Zeugenaussagen, die Djedous Beteiligung an der sexuellen Versklavung jesidischer Frauen und seine Beteiligung an Aktivitäten des IS dokumentieren. Er wird wegen Völkermordes und Verbrechen gegen die Menschlichkeit gemäß der Internationalen Konvention über die Verhütung und Bestrafung des Völkermordes und den entsprechenden Bestimmungen des belgischen Strafgesetzbuches angeklagt.
Als der IS die jesidische Gemeinschaft angriff, verfolgte er eine bewusste langfristige Strategie, die sich mit besonderer Brutalität gegen Frauen und Mädchen richtete. Der IS setzte sexualisierte Gewalt systematisch als Kriegswaffe ein – eine Taktik, die darauf abzielte, die jesidische Gemeinschaft von innen heraus zu zerstören und ihr ein dauerhaftes, über Generationen hinwegreichendes Trauma zuzufügen. Diese systematische Gewalt war nicht nur ein Angriff auf Einzelpersonen, sondern auf das gesamte Gefüge der jesidischen Gemeinschaft. Es war ein Versuch, ihre sozialen Bindungen zu zerstören, ihre Identität auszulöschen und ihre kollektive Widerstandsfähigkeit zu brechen.
Während des Prozesses sagte Nadia Murad als Zeugin aus und betonte die Pflicht der Staaten und Justizbehörden, IS-Mitglieder zur Rechenschaft zu ziehen und künftige Gräueltaten zu verhindern. Sie sagte:
„Angesichts der Rolle, die ausländische Kämpfer wissentlich bei den Verbrechen des IS gegen die Jesidinnen und Jesiden gespielt haben, hoffe ich, dass Länder wie Belgien ihre Verantwortung, ihre Staatsbürger zur Rechenschaft zu ziehen, ernst nehmen. Ich hoffe, dass Gerichte wie dieses verstehen, dass Gerechtigkeit und Rechenschaftspflicht der einzige Weg sind, um solche Gräueltaten in Zukunft zu verhindern. Straflosigkeit ist keine Option. Wir müssen jede Gelegenheit nutzen, um diejenigen zur Rechenschaft zu ziehen, die Verbrechen gegen die Menschlichkeit begehen und mit Frauen und Mädchen handeln.“
Ein entscheidender Aspekt der Strafverfolgung in diesem Fall ist das Ermittlungsteam der Vereinten Nationen zur Förderung der Rechenschaftspflicht für Verbrechen des Da'esh/ISIL (UNITAD), das eingerichtet wurde, um Beweise für Kriegsverbrechen, Verbrechen gegen die Menschlichkeit und Völkermord im Irak zu sammeln und zu sichern. Seit ihrer Gründung hat die Arbeit von UNITAD – zusammen mit den Dokumentationen von Menschenrechtsorganisationen, Journalistinnen und Journalisten sowie Überlebenden selbst, maßgeblich dazu beigetragen, die Wahrheit aufzudecken, Opfer zu identifizieren und sicherzustellen, dass Täter wie Sammy Djedou vor Gericht gestellt werden.
Obwohl das Mandat der UNITAD nun ausgelaufen ist, bleiben die zusammengetragenen Beweise für die Durchsetzung der Rechenschaftspflicht unverzichtbar. Nadia's Initiative arbeitet weiterhin mit Partnern und UN-Mitgliedstaaten zusammen, um sicherzustellen, dass diese Beweismittel zugänglich bleiben und neue Mechanismen zur Unterstützung der Strafverfolgung von IS-Mitgliedern und ihren Mittätern geschaffen werden.
Der derzeitige Prozess in Brüssel ist ein wichtiger Schritt in Richtung Rechenschaftspflicht. Er erinnert daran, dass Gerechtigkeit für die Überlebenden des Völkermords an den Jesidinnen und Jesiden nicht verzögert oder verweigert werden darf und dass die Suche nach der Wahrheit unabhängig von Zeit, Ort und Umständen fortgesetzt werden muss.